Soldier of Fortune 2 [Xbox]

  • Titel: Soldier of Fortune 2: Double Helix
    Genre: First Person Shooter
    Release: 20.06.2003
    Version: Dt. Version (uncut)
    Xbox Live: Nein
    Spieleranzahl: 1 Spieler offline, 1-12 online oder via Systemlink
    16:9: Nein
    360 kompatibel: unbekannt

    Mit Soldier of Fortune 2: Double Helix ist anno 2003 ein alter Bekannter aus dem PC-Bereich für die Xbox portiert worden. Die Serie um Soldier of Fortune hatte Anfang des Jahrtausends keinen guten Ruf bei den deutschen Jugendschützern, zeichnete sie sich doch vor allem durch extreme Gewaltdarstellung aus. Die PC-Version des zweiten Teils musste damals für den deutsche Markt sogar in ein Paralleluniversum verlegt werden, in dem der Protagonist John Mullins gegen Roboter statt Menschen kämpft, nur um die Darstellung des roten Lebenssaftes zu vermeiden. Die gute Nachricht dazu gleich vorweg: Die deutsche Fassung für die Xbox ist vollkommen ungeschnitten. Die schlechten Nachrichten folgen.

    Eigentlich brauch ich nur zwei Tasten…

    Der Spieler verkörpert den Söldner John Mullins, der sich in bester Ego-Shooter-Manier durch 53 kurze Levelabschnitte kämpft. Dabei verkörpert Soldier of Fortune 2 die alte Garde dieses Genres; will heißen, es ist nicht nötig, über Kimme und Korn zu zielen, um genaue Treffer zu landen. Selbst im Lauf gelingen gezielte Schüsse. Auch muss sich Mullins nicht auf zwei oder drei Waffen beschränken. Er hat kein Problem damit, von der Pistole bis zum Raketenwerfer gleich zwanzig Handfeuerwaffen bei sich zu führen. Auch gibt es keinerlei Fahrzeuge zu steuern und keine Rätsel zu lösen. In SoF 2 besteht das Gameplay aus Schießen und Laufen. Punkt. Nun gut, das muss ja erst mal nichts Schlechtes sein…

    John Mullins ist im Auftrag des „SHOP“, einer Söldnerorganisation, auf der Jagt nach einer Terroristenbande, die mittels eines Virus die Staatschefs führender Industrienationen verseuchen will, um so Lösegeld für ein Gegenmittel fordern zu können. Die Missionen führen den Spieler dabei quer über den Globus, von Kolumbien über die Schweiz bis ins verschneite Russland ist alles dabei.

    Der Augenarzt freut sich…der Ohrenarzt geht diesmal leer aus

    Startet man den ersten Level, sticht einem gleich mit brennendem Schmerz die miese Grafik ins Auge. Die Welt von Soldier of Fortune scheint bloß aus eckigen Formen zu bestehen, jedes Objekt im Bild setzt sich aus Quadraten zusammen. Rundungen sucht man vergebens. Selbst die Räder der herumstehenden Autos sind eckig! Es gibt weiter keinerlei Tiefe in den Texturen, alles ist matschig und farblos. Doch die sich dem Spieler bietende Grafik, ich nenne sie mal Brei – denn der Begriff Grafik impliziert für mich irgendwie noch, dass es doch zumindest im Ansatz schön anzuschauen ist – ist bei weitem nicht der Tiefpunkt. Wahrlich, SoF 2 schafft es alles, wirklich alles falsch zu machen.
    Der nächste Hammer kommt, sobald der Spieler die erste Zwischensequenz erblickt. Ich habe noch nie in meinem Zockerdasein leblosere, lieblosere und langweiligere Cinematics gesehen als in diesem Spiel. Bewegungslos hält die Kamera in uninspirierten Einstellungen auf die Charaktere drauf, während diese sich gegenüberstehen und teils ohne den Mund zu bewegen miteinander sprechen. Später im Spiel wird auf diese Weise eine Beerdigung gezeigt. War wohl wieder eine klasse Gelegenheit für die Entwickler, noch etwas Geld und Zeit zu sparen! Denn statt zumindest neue Klamotten über die Charaktermodelle zu legen, stehen Hauptcharaktere und Zivilisten einfach in den Sachen um das Grab, in denen man sie auch im Spiel antrifft. Der eine trägt ein rotes T-Shirt, der andere eine kurze Hose. Vielleicht sind Beerdigungen in den USA auch einfach lockerer als hier – wer weiß…

    Für all diejenigen unter euch, die beim Spielen gerne eine Soundanlage nutzen, für dieses Spiel könnt ihr sie ruhig ausschalten. Es macht eigentlich keinen Unterschied. Stellt eure Boxen auf lautlos, es macht einfach keinen Unterschied. Es ist stellenweise sogar erträglicher. Die Waffensounds sind durch die Bank weg mies und hören sie eher nach einem Holzbrett an, dass gegen Metall schlägt, als nach wirklichen Waffen. Die Feinde haben eh nur drei verschiedene Soundsamples drauf und alles andere ist völlig für den Poppes. Wenn der Spieler beispielsweise getroffen wird, hört sich das an, als würde eine schwere Türe zugeschlagen werden. Naja, irgendwann hatten wohl auch die Entwickler erkannt, dass das Abmischen von Geräuschen nicht so deren Stärke ist und haben den einzig richtigen Schritt getan: Aufgehört, Geräusche abzumischen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass zum Beispiel Helikopter oder Fahrzeuge einfach gar keinen Sound haben. Zweimal im Spiel ist ein Senkrechtstarter der Terroristen ein Endboss, und beide Male tingelt dieser völlig geräuschlos durch die Luft. Doch – um ehrlich zu sein – ist mir das bei weitem lieber, als wenn meine Ohren mit weiteren grausigen Tönen gequält würden.
    Natürlich muss - passend zum Gesamtprodukt – auch die Musik nervig sein. Sich ständig wiederholende Jingles, die in endloser Dauerschleife zu jeder Spielsekunde zu hören sind, versüßen die Selbstmordgedanken beim Zocken. Wie bezeichnend, dass der Abspann gleich jedem Musikstück entbehrt. Stattdessen flimmern die Texttafeln völlig tonlos über den Bildschirm. Nach dreißig Sekunden sind dann auch schon alle Mitwirkenden genannt. Wundert mich nicht, so viele können an diesem Spiel auch nicht beteiligt gewesen sein.
    Es gibt auch absolut keine Distanz in den Geräuschen. Wenn ich auf einen Feind schieße, der 100 Meter entfernt steht, dann höre ich sein Sterben, als stünde er direkt neben mir.

    Auch kleine Hunde haben ein Recht zu sterben

    Gut, optisch ist’s keine Bombe, der Sound ist auch daneben, doch all das kann immer noch verblassen, wenn denn dann das Gameplay stimmt. Ja, jenes Gameplay lässt sich, wie könnte es anders sein, in zwei Worte zusammenfassen: Laufen – Schießen. Das war’s. Zwar scheinen die verschiedenen Missionsziele auf den ersten Blick abwechslungsreich, doch alles läuft darauf hinaus, dass man durch immer gleiche Levels läuft, die zwei verschiedenen Gegnertypen pro Region, mit denen die Entwickler jeden Gang und jeden Raum vollgestopft haben, abknallt und weiter läuft. Alles weitere erledigt Mullins in den tollen Cinematics. Apropos Level: Einen Architekten hatten die Entwickler wohl nicht in ihren Reihen gehabt, oder? Doch selbst mir als Laie fällt auf, dass die Gebäude (das Spiel spielt zu etwa 70% in Innenräumen) so, wie sie in diesem Spiel konstruiert worden sind, nicht funktionieren können. Warum besteht das Krankenhaus aus ewigen Gängen, die alle in die gleiche Richtung laufen? Wie lang ist das Ding denn? Warum hat jedes Gebäude mindestens sechs Fahrstühle, die aber immer nur ein Stockwerk überbrücken können? Vor allem im letzten Abschnitt ist mir das aufgefallen. Da muss ich quer durchs Gebäude rennen, die beiden Gegner und ihre zweitausend Klone abknallen und schließlich mit einem Aufzug in den ersten Stock fahren. Von dort aus renn ich dann wieder quer durchs Gebäude zu einem anderen Aufzug, um damit dann in den zweiten Stock zu fahren. Höh?
    Daneben ist die Weitsicht ein Witz. Und Außenlevels sind genau wie Innenlevels auch nur schmale Schläuche, die an den Seiten durch Berge oder auch einfach mal durch unsichtbare Grafikwände begrenzt werden.

    Auch sonst gibt sich das Spiel wirklich jede Blöße: Die Hunde, die die Feinde ab und an auf den Spieler loslassen, sollen wohl Kampfhunde sein, sind aber nur so groß wie Ratten. Und natürlich haben auch diese Viecher keinen einzigen Sound. Dafür sieht der Schnee in Russland wie echter Schnee aus. Allerdings wie Fernsehschnee, nicht wie das Zeug aus gefrorenem Niederschlag.

    Ich schieß noch ein bisschen weiter, ja?

    Als wäre die Handlung nicht schon banal genug, erweckt das Spiel mit der Zeit bei mir mehr und mehr den Eindruck, bei den Autoren des Skriptes kann es sich nur um 10-Jährige oder Unterbelichtete gehandelt haben. Auch eine explosive Mischung aus beidem möchte ich nicht ausschließen. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass, nachdem ein Flughafen in der Schweiz von Terroristen überrannt worden ist und Geiseln genommen wurden, die Schweizer Polizei sofort einverstanden ist, dass John Mullins allein in das Gebäude geschickt wird. Kein Sondereinsatzkommando, keine Unterstützung. Die Schweizer versprechen lediglich, hinter Mullins aufzuräumen. Ist ja wie in echt! Ich erwarte sicherlich kein pulitzerpreisverdächtiges Drehbuch, doch etwas mehr als „Blei vs. Terroristen“ darf es schon sein. Leider haben die Entwickler an jener Stelle im Schweizer Flughafen auch verpasst, einmal aus dem nerv tötenden Dauergeballer auszubrechen und stattdessen via Geiseln eine taktische Komponente einzubauen. Stattdessen ist es wie immer in SoF 2 völlig Hupe, ob man schleicht oder einfach alles niedermäht. Die Terroristen jedenfalls denken gar nicht daran, auf die Geiseln zu schießen oder diese gar als Schutzschilde zu nutzen. Stattdessen spielt die KI ihr übliches Muster ab: Waffe auf Spieler richten – Schießen, bis Spieler tot.

    Die Schwachsinnigkeit erreicht ihren Höhepunkt, als Mullins in einem Flugzeug, das sich bereits in der Luft befindet, aufräumen soll. Nicht nur, dass der Spieler einmal mehr völlig allein gelassen wird, was er den nun zu tun habe; zu allem Überfluss respawnen auch noch Terroristen in allen Ecken. Ständig wird man von hinten angegriffen, obwohl man das ganze Flugzeug (das logischerweise nicht sehr groß ist) bereits gesäubert hat. Als dann endlich der Hauptbösewicht ins Jenseits befördert worden ist, gilt es, den Tatort per Fallschirm zu verlassen. So viel hat die grausige Cutscene bereits verraten – alles andere liegt wieder beim Spieler. „Soll er doch selbst schauen, wie er klar kommt“ haben sich wohl auch die Entwickler gedacht und des Rätsels Lösung in einer Platte (?) an einem Generator im Gepäckraum versteckt. Jene Platte hebt sich nicht im Geringsten von der Textur des Generators ab. Ich bin ganz ehrlich: Ohne Komplettlösung hätte ich das nie gefunden. Um die Verwirrung dann zu perfektionieren, erscheint auch noch das „Zangensymbol“, welches dem Spieler anzeigt, hier kann der Maschendraht eines Zaunes durchschnitten werden, sobald man die Platte erreicht hat. Hat man dann den Maschendraht der Platte des Generators im Flugzeuggepäckraum durchschnitten, öffnet sich eine Tür zu einer offenen Luke am Bug des Fliegers, wo Mullins einen Fallschirm findet…oder so.

    Was gibt es Positives zu berichten? Die Steuerung ist ganz in Ordnung, das kann man wohl sagen. Dafür werden aber Spieler, die kein Englisch können, Probleme haben. Denn das ganze Tutorial, ja das ganze Spiel ist komplett auf Englisch, nicht mal Untertitel gibt es. Ganz gut finde ich aber, dass man wirklich viele Waffen eingebunden hat, die alle ihren realen Vorbildern entsprechen. Allerdings frage ich mich dann auch wieder, wieso diese so unrealistisch gehandhabt werden. Das M60, ein zehn Kg Maschinengewehr, hält Mullins locker mit einer Hand. Und bei jedem Nachladen spannt er auch die Waffe neu, auch wenn diese noch gespannt ist. Andere Spiele, auch schon zur damaligen Zeit, machen solche Detailfehler nicht. Und gerade bei diesem Spiel ist das umso fataler, weil viel mehr als Waffen hat SoF nun mal nicht zu bieten. Auch die Brutalität ist – für die, die drauf stehen – zu vernachlässigen. Ist für heutige Verhältnisse absolut nichts Besonderes mehr. Schön ist aber, dass man jederzeit Speichern kann.

    Für Hardcore-Sadisten gibt nach der Story noch mehr zu entdecken!

    Wer sich tatsächlich (so wie ich) durch die Story gequält hat und auf seinen Armen noch Platz für weitere Narben hat, der kann sich gerne am Multiplayer oder den Zufallsmissionen versuchen. Den Multiplayer habe ich nicht getestet, aber ich verwette meine Frau darauf, dass es auf der Box tausend bessere Alternativen gibt. Die Zufallsmissionen setzen der Lächerlichkeit die Krone auf. Dort kann der Spieler einige Parameter einstellen, danach kreiert der Computer dann einen entsprechenden Level. Wer glaubt, hier wartet grenzenloser Spielspaß mit immer neuen Missionen, dem sei gesagt, dass die Zufallslevel erstens so viel Spaß machen wie vier Wochen alte Brötchen zu essen und zweitens die Missionen irgendwie alle gleich aussehen.

    FAZIT

    Abschließend frage ich mich: Warum sind eigentlich die Ladezeiten so lang? Was zum Teufel lädt die Konsole da die ganze Zeit? Das Spiel kann es jedenfalls nicht sein.

  • Zitat

    aber ich verwette meine Frau darauf, dass es auf der Box tausend bessere Alternativen gibt

    Da wirst du wohl Recht haben allerdings konnte ich mich noch erinnern auf den PC, dass der Online Multiplayer sehr viel Spaß gemacht hat. Wäre interessant ob Sie das Gefühl auch so gut auf der XBOX umgesetzt haben.Wo ich dir recht geben muss: Rein spielerisch war das Spiel nicht sonderlich erwähnenswert. Es war wirklich die extrem gute Grafik und die Gewalt. Die Grafiken auf der XBOX sehen wirklich deutlich schlechter aus. Zum Sound kann ich nichts sagen. Auf dem PC war er in Ordnung und nicht schlecht.

    Achja was ich gelesen habe. Das Spiel ist nicht 360 Kompatibel.

  • War die Grafik auf dem PC echt so viel besser oder trügen dich da deine Erinnerungen? Ich kann mir das fast nicht vorstellen, weil das Spiel ja deutlich verspätet auf die Xbox kam und diese zu der Zeit noch gut mit den PCs mithalten konnte.

  • Ja ich bin mir eigentlich ganz sicher. Habe auch vorhin nochmal danach recherchiert. Es gibt eine Quelle, die dasselbe behauptet siehe hier.
    http://www.eurogamer.net/articles/r_sof2_x

    Zitat


    Firstly the visual quality has suffered dramatically, despite the game using the ageing Quake III engine - tech that the Xbox ought to be able to handle with ease


    Natürlich müsste man jetzt Vergleichbilder haben, aber gut Grafik ist nicht alles. Ich denke nicht, dass das deinen Spielspaß steigern wird. Hattest ja schließlich nicht so viel Freude damit.
    Ports waren und sind immer noch ein Problem egal ob vom PC zur Konsole oder umgekehrt. Natürlich gibt es auch positive Beispiele.

  • Warum ist die Xbox Fassung eigentlich ungeschnitten? Ist es nicht so, dass die PC Version nicht nur geschnitten, sondern EXTREM geschnitten ist? Roboter statt Menschen etc....?

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!