Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs [Xbox]

  • Titel: Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs
    Genre: Action/Rollenspiel
    Release: 14.11.2003
    Version: Dt. Version (uncut)
    Xbox Live: Nein
    Spieleranzahl: 1-2 Spieler
    16:9: Nein
    360 kompatibel: unbekannt


    Ich habe gestern das Xbox-Spiel „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ begonnen. Vor etwa drei Stunden beendete ich den letzten Level. Das liegt nicht ausschließlich daran, dass ich gerade Urlaub habe und daher exzessiv 24 Stunden am Tag zocken kann, sondern das liegt vor allem daran, dass dieses Spiel verdammt kurz ist. Was bleibt, ist eine Hand, die ich kaum noch bewegen kann, etwa drei zerstörte Controller und der Drang, sofort die Extended Editions von allen drei Filmen zu schauen.

    Mittelerde? Ist das in Osteuropa?

    In „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ steuert der Spieler wahlweise eine der Hauptfiguren aus den Filmen und spielt mit dieser die entscheidenden Szenen aus dem dritten Film nach. Als Gandalf, der Weiße, verteidigt man beispielsweise Minas Tirith, als Sam beschützt man Frodo in Osgiliath und rettet ihn später vor der Riesenspinne Shelob, als Aragorn macht man sich die Armee der Toten gefügig und kämpft vor dem schwarzen Tor. Wer sich hier beim Lesen bereits gedanklich überschlägt, mit den Namen nichts anfangen kann und weder die Bücher gelesen, noch die Filme gesehen hat, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass für ihn „HdR: Die Rückkehr des Königs“ wohl kein geeignetes Spiel ist. Denn eines ist klar: Nicht-Fans werden mit der Handlung nicht wirklich mitkommen. Zwar ist die Story des Films im Spiel gut zusammengefasst, doch es wird ausdrücklich nur die Geschichte des dritten Films erzählt. Das Spiel macht sich keine Mühe, die vorangegangenen Geschehnisse zusammenzufassen. Man sollte also schon mit dem Universum vom Herrn der Ringe vertraut sein, um dieses Spiel wirklich vernünftig spielen zu können.

    Wie „Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ die einzelnen Handlungsstränge des Films vermittelt, ist wirklich sehr schön umgesetzt. Vor und nach jedem Level wird dem Spieler ein Zusammenschnitt aus originalen Filmszenen präsentiert, die mit teils neu eingesprochenen Monologen garniert sind, um die Geschichte verständlich zusammenzufassen. Schön ist an dieser Stelle vor allem, dass in der deutschen Version alle Charaktere ihre originalen Synchronstimmen aus den Filmen haben, weshalb ich die deutsche Fassung uneingeschränkt empfehlen kann. Schön ist auch, wie die Übergänge zwischen Filmszenen und Spiel gestaltet wurden. Diese sind nämlich vollkommen flüssig, will heißen, dass sich das Filmmaterial mitten in einer Einstellung plötzlich in die Spielgrafik verwandelt und das Video dann noch einige Sekunden fortgeführt wird. Zwar sind die Unterschiede dank verbesserungswürdiger Grafik deutlich, doch die Übergänge sind trotzdem sehr stilvoll.

    Eine A-Taste, sie zu knechten...

    Im Spiel übernimmt der Spieler die Rolle eines der Protagonisten. Zur Auswahl stehen anfangs, je nach Level, Sam, Frodo, Aragorn, Gimli, Legolas und Gandalf. Weitere Figuren werden durch das Beenden des finalen Bosses freigeschaltet. Hat man das Spiel einmal beendet, kann man außerdem alle Charaktere in jedem Level einsetzen.
    Das Spiel ist ein sogenanntes Hack and Slay-Adventure, das heißt, der Spieler ist die meiste Zeit über damit beschäftigt, Orks und Untoten die Rübe abzuschlagen. Tja, auf dem Papier hört sich das marginal an, im Spiel aber fällt dem Spieler die Kinnlade herunter, wenn er das erste Mal sieht, welche Gegnerscharen die Entwickler auf ihn loslassen. Es ist keine Ausnahme, dass man in einem Level mehrere hundert Feinde erledigt.

    Die Spielfigur wird klassisch mit dem linken Ministick gesteuert, mit der A-Taste lässt sich ein leichter Angriff ausführen, mit Y sowie dem rechten Ministick ein schwerer. Per X pariert man, außerdem lässt sich pro Charakter eine Fernkampfwaffe wie ein Bogen sowie eine Spezialfähigkeit einsetzen. Da das Spiel leicht rollenspielartig ausgelegt ist, lassen sich durch das Aufleveln des Charakters neue Kombos freischalten, denen in der jeweiligen Beschreibung im Spiel verheerende Auswirkungen zugesprochen werden. In der Praxis jedoch verpuffen alle Superattacken angesichts der A-Taste, die im Spiel zur ultimativen Waffe wird. Denn leider lassen sich Angriffe des Feindes außer mit X nur mit jener A-Taste parieren, nämlich dann, wenn man selbst gerade einen Angriff starten möchte und der Gegner einfach schneller ist. Und da man im Normalfall von fünf Gegnern und mehr umzingelt wird und alle wie wild auf einen einkloppen, endet jeder Versuch, einen anderen Angriff als den per A-Taste auszuführen damit, dass man furchtbar verdroschen wird und kostbare Lebenspunkte einbüßt. So endet fast das ganze Spiel in wildem A-Button-Smashing.

    ...sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden

    Tatsächlich schien EA mit diesem Spiel versucht zu haben, den Spieler ewig zu binden. Unzählige Designentscheidungen und nicht zuletzt der deutlich zu hohe Schwierigkeitsgrad machen auf mich den Eindruck, dass hier die Spielzeit künstlich gestreckt werden sollte. Die eben angesprochenen Lebenspunkte sind deshalb so wertvoll, weil die Entwickler erstens übertrieben geizig mit Heiltränken, die meistens auch nur einen kleinen Teil der Gesundheit wiederherstellen, und zweitens mindestens genauso geizig mit Kontrollpunkten waren; wenn es denn überhaupt mal einen Kontrollpunkt gibt. Oft ist es einfach so, dass man sich zwanzig Minuten lang durch Orks prügelt, dann das Zeitliche segnet und feststellt, dass man den Level komplett von vorne starten muss. Selbst auf Leicht (zur Auswahl stehen drei Schwierigkeitsgrade) brauchte ich bei einigen Levels mehr als zehn Anläufe und habe mehrfach fast ins Pad gebissen.

    Das Leveldesign ist teilweise ein Witz. Manche Level bestehen gar nur aus einer einzigen Arena, in der man dann 200 Orks töten muss oder einfach nur eine gewisse Zeit überleben soll. In anderen Levels wird die eigentliche Kürze des Spiels dadurch kaschiert, dass ein und dieselbe Situation zigmal wiederholt wird. Die Aufgaben sind auf dem Papier zwar äußerst unterschiedlich; so gibt es von „Zivilisten retten“ über „vor den übermächtigen Ringgeistern fliehen“ bis hin zu „Gollum in das Feuer des Schicksalsberges werfen“ einiges an Abwechslung - in der Praxis endet jedoch alles in wildem A-Button-Smashing. Denn eigentlich verdrischt man schlichtweg Feinde, egal welchem Zweck das gerade dienen mag.
    Schade, dass man hier die Chance vergeudet hat, mit Frodo und Sam einen ruhigeren Ton anzuschlagen und deren Handlungsstrang einige Schleichpassagen zu spendieren. Stattdessen werden selbst die Hobbits zu sturen Kämpfern sterilisiert, die sich hunderten von Orks entgegen werfen.

    Und weiter?

    Nichts und weiter! Das war es. Das Spiel besteht einzig daraus, Feinde zu verdreschen. Zwar priesen die Entwickler damals an, dass man nun die Umgebung miteinbeziehen kann. Ja, ja, man kann einen garstigen Speer vom Boden aufheben und werfen oder einen Feuerkessel umstoßen, um seine Feinde zu verbrennen. Doch die meisten Zeit hämmert man auf die A-Taste ein, dass der Controller vor Erschöpfung quietscht, wenn endlich der Abspann über den Bildschirm flimmert. Mehrmals musste ich das Spiel pausieren, weil meine Hand einfach nicht mehr mitmachte – ernsthaft!

    Dafür macht der Koop-Modus für zwei Spieler an einer Konsole eine Menge Spaß. Schön ist, dass auf einen geteilten Bildschirm verzichtet wurde und sich beide Spieler in einem Sichtfeld bewegen. So geht zwar manchmal die Übersicht verloren, aber das ist im Einzelspielermodus nicht anders. Da geht mein Charakter regelmäßig im Getümmel unter und plötzlich stelle ich fest, dass der Typ, den ich die ganze Zeit mit den Augen fixiert habe, gar nicht mein Kämpfer ist. Die Kamera tut ihr übriges. Das Spiel funktioniert ausschließlich über feststehende Kameras, die mit den Charakteren höchstens mit schwenken, bis man die nächste Kamera erreicht hat. Leider sind die Kamerapositionen nicht immer glücklich gewählt, sodass manchmal nicht klar wird, wo man jetzt lang gehen muss.

    Die Grafik geht durchweg in Ordnung, wenn sie trotzdem niemanden aus den Schuhen haut, auch damals schon nicht. Die Charaktere hätten durchaus etwas detaillierter ausfallen können. Dafür sind die Explosionen sehr hübsch. Und verschossene Pfeile bleiben in den Gegnern stecken; ein Feature, das mich immer besonders glücklich macht. Das Spiel ruckelt außerdem nur äußerst selten, was angesichts des Schlachtgetümmels, welches regelmäßig auf dem Bildschirm stattfindet, positive Beachtung verdient. Leider sind die Laufanimationen sehr hölzern geraten und wirken geradezu lächerlich. Schade, wo sich die Animationen doch sonst durchaus sehen lassen können. Zur KI muss ich eigentlich gar nichts sagen, da sie eh nichts weiter können muss als den Spieler zu finden und auf ihn einzudreschen. Doch selbst da versagt sie manchmal und steht dann dumm herum oder läuft in einer Endlosschleife gegen eine Wand.

    Doch es ist Mittelerde, Leute!

    Warum ich dennoch nicht von diesem Spiel loskam? Warum ich es zu Ende gezockt habe? Warum es mir sogar viel Spaß gemacht hat und ich es letztlich für ein gutes Spiel halte? Ganz einfach: Es ist „Der Herr der Ringe“. Wenn irgendetwas an die Atmosphäre der Filme herankommt, dann ist es dieses Spiel. Der originale Soundtrack ist dabei, wie gesagt sind die originalen Sprecher dabei, alles im Spiel ist deren Vorbildern im Film nachempfunden; ja selbst die Schrift ist dieselbe wie im Vorspann der Filme. Es ist einfach Herr der Ringe, wie es sein soll! Wenn man mit Aragorn und Legolas die Felder von Pennelor gegen Olifanten und Orks verteidigt, dann kommt wahre HdR-Atmosphäre auf. Und es kommt vor allem wirkliches Schlachtgefühl auf, weil einfach immer etwas los ist und auch um den Spieler herum gekämpft wird, sowohl im vorberechneten Hintergrund als auch im live berechneten Vordergrund.
    Ja, ich bin ein Fan der Filme und darum gehe ich in diesem Spiel voll auf! Übrigens beinhaltet das Spiel viele kleine Filmschnipsel mit Interviews der Darsteller und mehr, ein gefundenes Fressen für jeden HdR-Fan! Leider entbehrt das Zusatzmaterial jeglicher deutscher Übersetzung – schade für all diejenigen, die kein Englisch können.

    FAZIT

    Ganz klar: Wer mit dem „Herr der Ringe-Universum“ nichts anfangen kann, für den sollte dieses Spiel die letzte Wahl sein. Allen anderen sei gesagt: Das Spiel leidet an massig Designfehlern, die ich im Review aufgezählt habe, aber unterm Strich macht es einfach saumäßig Spaß, nicht zuletzt wegen der Lizenz hinter dem Produkt. Spielspaß lässt sich eben nicht in eine Gegenrechnung von positiven und negativen Kritikpunkten zwängen.

  • Zitat


    Das Spiel funktioniert ausschließlich über feststehende Kameras, die mit den Charakteren höchstens mit schwenken, bis man die nächste Kamera erreicht hat. Leider sind die Kamerapositionen nicht immer glücklich gewählt, sodass manchmal nicht klar wird, wo man jetzt lang gehen muss.

    Das stell ich mir äußerst ungünstig vor. Insbesondere wenn man in einem Level 200 Gegner töten muss. Hat man da überhaupt eine Chance kommende Gegner zu sehen ? Dann kommt da noch der Schwierigkeitsgrad hinzu. Ich bin zwar auch HDR Fan, aber es ist wirklich eine gute Frage ob das ausreichen würde um das Spiel zu mögen. Schön das es bei dir gekklappt hat.

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